In dem sizilianischen Städtchen Siculiana finden sich die Menschen seit langer Zeit Anfang Mai zu einer großen Prozession zusammen, bei der ein Kruzifix mit einer schwarzen Jesusfigur durch die Straßen getragen wird. Als ein 19-jähriger Flüchtling aus Ghana als Kreuzträger daran teilnehmen will, geraten die Gemüter in Wallung. Mit großem Gespür für Stimmen und Stimmungen fängt der Dokumentarfilm die Gemengelage ein und formt daraus ein offenes Werk, das zum Weiterdenken animiert und die vielfältigen Widersprüche der Gegenwart in schmerzhafte Zeitbilder gießt. (Filmdienst)
aus "A Black Jesus" © ph.Dodo Veneziano
Jùlie Halilić ist stolz, wenn sie an ihren Großvater denkt. Wallani Georg erkämpfte gemeinsam mit anderen Bürgerrechtlern, dass der Massenmord an den Sinti und Roma 1982 als Völkermord anerkannt wird. Begonnen hatte es mit einer Besetzung der KZ-Gedenkstätte Dachau. Elf Sinti traten dort 1980 in den Hungerstreik, weil die Verfolgung für Angehörige ihrer Minderheit mit der Befreiung nicht endete, weil der Rassismus gegen Sinti und Roma ungebrochen fortbestand. Sie texteten ein beliebtes Wanderlied um, um darauf aufmerksam zu machen: „Lustig ist das Zigeunerleben, Faria, Faria ho – Staat braucht uns keine Rechte (zu) geben, Faria, Faria ho“. Die Aktion in Dachau markierte den Beginn der Bürgerrechtsbewegung, eines langen Weges der Emanzipation. Die Auschwitz- Überlebende Zilli Schmidt kämpfte viele Jahre um Anerkennung ihrer Verfolgung aus rassischen Gründen. Die Musiker Manolito Steinbach und Romani Weiß wuchsen in den 1970er Jahren in West- Berlin auf. Sie erzählen davon, wie sie lange Zeit lieber unsichtbar bleiben wollten, wie diese Vorsicht erst nach und nach einem neuen Selbstbewusstsein wich. Gianni Jovanovic erlebte, dass die Verfolgung auch mit der Anerkennung des Völkermords nicht endete. Nachdem er 1982 einen Bombenanschlag in Darmstadt überlebt hatte, wurde wenig später das Haus seiner Verwandten in einer Nacht- und Nebelaktion von der Stadt abgerissen. Mit diesen persönlichen Lebenswegen zeichnet der Film emotional und eindrucksvoll die Geschichte von Deutschlands größter nationaler Minderheit nach und macht Perspektiven und Erzählungen sichtbar. Individuelle Geschichten und bisher kaum gezeigtes Archivmaterial nehmen mit in eine Zeit, in der Sinti und Roma weiter diskriminiert wurden und in der sie sich schließlich zur Wehr setzten. Unter den historischen Aufnahmen aus den ARD-Archiven fand Filmautor Adrian Oeser viele Szenen, die deutlich machen, wie stark der Rassismus gegen Sinti und Roma nach 1945 fortdauerte – und auch im öffentlich- rechtlichen Rundfunk immer wieder befeuert wurde. Die Dokumentation „Der lange Weg der Sinti und Roma“ ist damit auch eine kritische Auseinandersetzung der ARD mit ihrer eigenen Geschichte. Der Film zeigt darüber hinaus, dass eine Aufarbeitung in vielen gesellschaftlichen Bereichen bis heute notwendig ist. Bis in die 1980er Jahre arbeiteten Landeskriminalämter und Forscher in ganz Deutschland mit den Akten der Rassenhygieniker aus der Nazizeit weiter, um Sinti und Roma systematisch zu erfassen. Erst die Bürgerrechtler konnten diese Aktenbestände in den 1980er Jahren freipressen. Beeindruckendes Archivmaterial zeigt, wie sie die Dokumente ihrer Verfolgung fast vierzig Jahre nach der Befreiung erstmals in den Händen halten. Zu realisieren, dass die systematische Stigmatisierung so lange andauerte, belastet den Bürgerrechtler Rudko Kawczynski bis heute. „Der lange Weg der Sinti und Roma“ ist ein Film über Geschichte, die nicht abgeschlossen ist, über eine Zeit, die bis heute fortwirkt. Ein Film übers Gestern fürs Heute.
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aus "Der lange Weg der Sinti und Roma" © Adrian Oeser
Filmaufnahmen eines europäischen Rechercheverbundes, an dem neben MONITOR „Lighthouse Reports“, SRF Fernsehen, ARD Radio Wien, Der Spiegel, Pointer, Novosti und RTL Kroatien beteiligt waren, belegen schwere und systematische Menschenrechtsverletzungen durch maskierte Uniformierte an der kroatischen Grenze zu Bosnien. Die Bilder zeigen unter anderem, wie Flüchtende mit Schlagstöcken über die Grenze aus der EU hinausgeprügelt werden, so dass sie in Kroatien keinen Asylantrag stellen können. Weitere Aufnahmen belegen, dass Flüchtende von Kleintransportern aufgegriffen und illegal über die Grenze zurück nach Bosnien gebracht werden. Bei den Maskierten handelt es sich nach den Recherchen um Mitarbeiter der kroatischen Polizei. Berichte über illegale Zurückweisungen, so genannte Pushbacks, an der kroatisch-bosnischen Grenze gibt es schon seit Jahren. Bislang haben kroatische Behörden allerdings bestritten, dass sie von staatlichen Polizeibeamten durchgeführt werden. Die gemeinsamen Recherchen des Rechercheverbundes zeigen nun, dass die illegalen Zurückweisungen systematisch und staatlich organisiert sind und auch gewaltsam erfolgen. Allein zwischen Mai und September 2021 filmte das Rechercheteam elf solcher illegalen Pushbacks an fünf verschiedenen Orten an der kroatisch-bosnischen Grenze. Insgesamt sind 38 Polizisten zu sehen und 148 Menschen, die zum Teil unter Einsatz erheblicher Gewalt über die grüne Grenze zurückgetrieben werden. Anhand der Uniformen und der Ausrüstung lassen sich die Männer als Mitglieder der kroatischen Interventionspolizei identifizieren, die dem Innenministerium untersteht. Sechs kroatische Beamte bestätigten nach Durchsicht der Bilder, dass es sich um die kroatische Interventionspolizei handele. Weitere Beamte, darunter ein Mitglied der Interventionspolizei, berichteten anonym von den Pushbacks. Intern werde die Operation demnach „Korridor“ genannt. Die EU und auch Deutschland unterstützen Kroatien seit Jahren bei der Grenzsicherung mit Geld und Ausrüstung.
Eine Recherche von Shafagh Laghai, Nicole Vögele, Klaas van Dijken, Jack Saproch, Srdjan Govedarica, Andrea Beer, Jerko Bakotin, Phevos Simeonidis, Bashar Deeb, Steffen Lüdke, Els van Driel, Andrei Popoviciu, Lamia Šabić, Danka Derifa
Redaktionsleitung: Georg Restle
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aus "MONITOR - Europas Schattenarmee: Pushbacks an der kroatisch-bosnischen Grenze", ©Shafagh Laghai, Nicole Vögele, Klaas van Dijken, Jack Saproch, Srdjan Govedarica, Andrea Beer, Jerko Bakotin, Phevos Simeonidis, Bashar Deeb, Steffen Lüdke, Els van Driel, Andrei Popoviciu, Lamia Šabić, Danka Derifa
Vor langer Zeit war Geamăna ein rumänisches Dorf im Apuseni-Gebirge, welches etwa 1000 Menschen beheimatete. Heute ragt lediglich die Kirchturmspitze aus dem giftigen Schlamm eines benachbarten Kupferbergwerks. Fast alle Häuser sind versunken und ihre Bewohner geflohen. Nur wenige Menschen hielten an der Heimat fest. Am Rande der Vergangenheit bestreitet Valeria Praţa ihre Gegenwart – und wird von der Zukunft bedroht.
Derzeit nicht online verfügbar.
aus "Geamăna", © Matthäus Wörle
Ein Mädchen sitzt an ihrem Tisch vor dem Fenster und schreibt in ihr Tagebuch. Sie schreibt von ihrem Wunsch, fliegen zu können und träumt sich mit den Blättern hoch in den Himmel. Bald schon wird aus dem Sommerwind ein Sturm und aus dem Traum ein Albtraum.
"Ich wünsche mir"...", © Kerstin Heinlein
Die neunjährige Hayat lebt mit ihrem Vater in einer Geflüchtetenunterkunft. Sie liebt es, Spaß mit ihren Freund:innen zu haben – und ist genervt von ihrem Vater, der immer seine Ruhe haben will. Die Geschichte eines Sommertages, in der sich Hayat mehr traut, als sich nur heimlich durchs Fenster zu schleichen.
Download: über das Medienportal der konfessionellen Medienzentralen - nur nach Registrierung: [[hier]]
aus "Hayat springt", © Miriam Goeze
Die Filmemacher Waad al-Kateab und Edward Watts haben einen beeindruckenden Film gedreht. FÜR SAMA ist ein Vermächtnis an al-Kateabs im Krieg geborene Tochter. Über Jahre hat die junge Frau mit ihrem Handy und ihrer Kamera zunächst die Protestbewegungen und dann den furchtbaren Krieg in Syrien dokumentiert. Sie hat das Leid der Menschen und der Personen in ihrer unmittelbaren Nähe aufgezeichnet und findet selbst inmitten der Bombardements Spuren von Freude und Lebensmut. Gerade durch diesen Blick von innen heraus ist der Film so besonders, so wahr, so entsetzlich und unfassbar. Und doch ist er auch ein Zeugnis für das Miteinander der Menschen, für den Zusammenhalt in Krisenzeiten und für Toleranz. Der in Cannes ausgezeichnete und für den OSCAR nominierte, preisgekrönte Film FÜR SAMA ist ein Liebesbrief der jungen Mutter Waad al-Kateab an ihre Tochter Sama. Über einen Zeitraum von fünf Jahren erzählt sie von ihrem Leben im aufständischen Aleppo, wo sie sich verliebt, heiratet und ihr Kind zur Welt bringt, während um sie herum der verheerende Bürgerkrieg immer größere Zerstörung anrichtet. Ihre Kamera zeigt berührende Episoden von Verlust, Überleben und Lebensfreude inmitten des Leids. Waad muss sich entscheiden, ob sie fliehen und ihre Tochter in Sicherheit bringen oder bleiben und den Kampf für die Freiheit weiterführen soll, für den sie schon so viel geopfert hat.
© Filmperlen
Als Micaela drei Jahre war, wurde ihre Mutter entführt. Ihre Kindheit in Argentinien war geprägt von der Suche nach der Mutter. Mit 19 Jahren lebt Micaela erstmals allein - ohne Polizeischutz. In Argentinien gilt der Fall Marita Verón als Politikum. - Eine junge Frau, die von Menschenhändlern auf offener Straße verschleppt wurde, und bis heute verschwunden ist. Und ihre Tochter, die angetrieben von der kämpferischen Großmutter, von klein an auf der Suche war. Wie lebt man ein Leben, in dem man in erster Linie "die Tochter von" ist? Micaelas Großmutter, Susanna Trimarco, wurde in Argentinien zur nationalen Ikone und zur Mitbegründerin einer stetig wachsenden Frauenbewegung. Micaela dagegen muss ihren Weg erst noch finden. Dazu gehört auch, ihre Heimatstadt Tucumán sowie das Haus und die Einflusssphäre der übermächtigen Verwandten zu verlassen. Ein Neuanfang gelingt ihr in der argentinischen Universitätsstadt Córdoba, wo die 19jährige erstmals alleine und ohne Personenschutz lebt. Die junge Frau, deren Gesicht immer wieder in den Nachrichten war, möchte ihre Vergangenheit hinter sich lassen, und sich nicht mehr nur über die Opferrolle identifizieren müssen. Ihre Freundin Mica, wie auch ihr Hund Charly, vor allem aber das Erstarken der feministischen Bewegung in Argentinien, geben ihr dabei den nötigen Halt.
Derzeit nicht online verfügbar
aus "Ab 18! - Die Tochter von ..." © Joakim Demmer, Verena Kuri und Chiara Minchio